Donnerstag, 23. Juli 2015, 19.00 Uhr
Was hat uns das Christentum gebracht?
Dialogvortrag und Podiumsdiskussion · apl. Prof. Dr. Gregor Paul,  Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Thurner,  Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel
Am Donnerstagabend diskutierten im Museum Fünf Kontinente der Münsteraner Theologe und Religionswissenschaftler, Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel, und der Philosophieprofessor vom Karlsruher Institut für Technologie, Prof. Dr. Gregor Paul, über die Frage „Was hat uns das Christentum gebracht?". In Zeiten einer „Krise der Selbstverständlichkeit des Christentums" und fallender Kirchenmitgliederzahlen in Deutschland sei es angebracht, auch aus christlicher Perspektive diese Frage aufzuwerfen, so Prof. Dr. Martin Thurner (Eugen-Biser-Stiftung/LMU München).
Keine Fragen und Anfragen wurden an dem Abend gescheut: Was wäre, wenn es das Christentum nicht gegeben hätte? Wären wir dann heute besser oder schlechter dran? Je nachdem, wer die Frage beantwortet, wird unterschiedlich urteilen. „Kunstbeflissene Europäer werden auf den gewaltigen Beitrag des Christentums zur abendländischen Kultur verweisen, viele Juden würden antworten: Vertreibung, Verfolgung, Unterdrückung, Leid, Horror", so Schmidt-Leukel. Er betonte, jede Stärke der Religion sei zugleich auch ihre Schwäche und nannte als Beispiel die ambivalenten Auswirkungen der christlichen Zwischenmenschlichkeit: „Einerseits lehrt es eine niemanden ausschließende Zuwendung zu allen Menschen. Andererseits hat es aber auch scharfe Abgrenzungen gegenüber anderen Menschen kultiviert". Diese Schwäche der Religion, dass sie anderen Menschen das Leben zur Hölle machen kann, gelte aber nicht nur für das Christentum, sondern auch für alle anderen Religionen und Weltanschauungen.
Deshalb plädierte Gregor Paul, Schmidt-Leukels Gegenspieler des Abends, für eine radikal säkulare Ethik: „Es braucht keine Religion, um zu wissen, was gut und böse ist. Religionen sind keine Notwendigkeit, auch wenn sie konstruktiv moralisch wirken können." Perry Schmidt-Leukel, selbst anglikanischer Christ, gibt das Positive der Religionen nicht auf. Für das Christentum der Zukunft hofft er auf ein Menschenbewusstsein, das nicht mehr von einem Wir und die Anderen spricht, sondern sich zu einem übergreifenden Wirbewusstsein weiterentwickelt hat, nach dem Motto: Manche von uns sind Christen, manche von uns sind Muslime, manche von uns sind Buddhisten.
Die Eugen-Biser-Stiftung bringt in ihren Veranstaltungen Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen unter dem Dach gelebter Toleranz zusammen und setzt sich mit gesellschaftlichen Fragen der Gegenwart auseinander. 110 Gäste waren ihrer Einladung gefolgt - trotz schönstem Sommerwetter. Im Anschluss gab es die Gelegenheit, sich in gemütlichem Beisammensein bei Brot und Wein mit den Referenten und Gästen im Museumsfoyer weiter auszutauschen.
Teilnahmegebühr
Normalpreis € 10,-
Freundeskreispreis € 5,-
Studentenpreis kostenfrei
Veranstaltungsort
ehemals Staatliches Museum für Völkerkunde
Museum Fünf Kontinente
Maximilianstraße 42
80538 München
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln: U-Bahn U4/U5 "Lehel" / alle S-Bahnen "Isartor" / Tram 18/19 "Maxmonument"